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1. Welche Elemente gehören zum Tragwerk?
Zum Tragwerk eines Gebäudes gehören all jene Bauteile, die seine statische Stabilität gewährleisten bzw. die angreifenden Lasten aufnehmen und ableiten. Das Tragwerk nimmt alle Lasten, die vom Dach- bis zum Fundamentbereich auf das Gebäude einwirken, auf. Dazu gehören erst einmal vertikale Lasten, wie das Eigengewicht des Gebäudes, das Gewicht nicht tragender Elemente (Dacheindeckung, Estrich, Parkett usw.) sowie das Gewicht von im Gebäude befindlichen Gegenständen und Personen. Zudem muss das Tragwerk auch horizontale Lasten aushalten, die von Wind und Erdbeben verursacht werden. Das Tragwerk lässt sich in vier Bereiche gliedern: Fundament, vertikale Bauteile, horizontale Bauteile und Dachstuhl.
2. Fundament
Die Hauptaufgabe des Fundaments besteht darin, alle Lasten aus dem Bauwerk aufzunehmen und an den Untergrund weiterzugeben. Die Gründung eines Gebäudes kann entweder als Tiefgründung (meist als Pfahlgründung) oder als Flachgründung (meist mit Streifenfundament, Einzel- bzw. Punktfundament oder Plattenfundament bzw. Sohlplatte) erfolgen. Geplant wird das Fundament zuerst vom Architekten, der die gesamte Hausplanung vornimmt. Die genaue Planung erfolgt jedoch durch den Statiker bzw. Tragwerksplaner. Der Tragwerksplaner muss berechnen, an welcher Stelle des Hauses welche Lasten liegen werden, was abgefangen werden muss und wie groß die Belastung für das Betonfundament werden wird. Dabei muss er unterschiedliche Faktoren, wie etwa die Tragfähigkeit des Bodens, berücksichtigen.
3. Vertikale Bauteile: die tragenden Bauteile des Baukörpers
3.1 Stahlbetonbauweise
Bei der Stahlbetonbauweise werden die tragenden Wände in bewehrtem Beton (Stahlbeton) ausgeführt. Die Betonbewehrung aus vertikalem Bewehrungsstahl ist an den Rändern immer besonders dicht. Die minimale Wanddicke von Stahlbetonwänden beträgt 10 cm, in der Regel liegt sie aber bei 20 bis 25 cm. Der Vorteil der Stahlbetonbauweise zeigt sich in der größeren Steifigkeit der tragenden Bauteile, weshalb die horizontalen Verschiebungen (etwa im Falle eines Erdbebens) geringer sind als bei anderen Bauweisen. Folglich sind die Schäden an nichttragenden Trennwänden, Verkleidungen, Fassaden und anderen Elementen der Gebäudeeinrichtung geringer.
3.2 Mauerwerksbau in Massivbauweise
Die vorherrschende Bauweise ist die Ziegelmassivbauweise, massives Mauerwerk kann aber auch mit anderen Baustoffen wie Naturstein, Porenbeton oder Hohlblocksteinen errichtet werden. Beim massiven Mauerwerksbau sind die tragenden Wände im Regelfall mindestens 19 cm dick und die Ränder werden mit horizontaler oder vertikaler Mauerwerksbewehrung verstärkt. Zur Erdbebensicherung werden Mauerwerksbauten oftmals mit einer Bewehrung aus Beton und Stahl (vertikale Stäbe und Bügel) verstärkt, welche die horizontalen Lasten von Wind und Erdbeben aufnimmt. Eine effektive Anti-Beben-Maßnahme ist auch der Einsatz von Beton-Ecksteinen oder Ziegel-Beton-Ecksteinen, in die vertikaler Bewehrungsstahl gesetzt und zubetoniert wird. Massive Bauten sollten generell mit Stahlbetonwänden versteift werden, doch weil solche Betonteile teuer sind, werden häufig zwei kleinere, raumhohe Betonwände in das Mauerwerk integriert. Häufig werden diese versteifenden Betonteile mit dem Treppenhauskern kombiniert.
3.3 Skelettbauweise mit Stahlbetonstützen
Bei Skeletbauten besteht das Tragwerk aus vertikalen Stützen und horizontalen Balken. Die Stützen bestehen aus Beton mit einer Stahlbewehrung (vertikale Stäbe und Bügel) und werden meistens mit den Balken, die ebenfalls aus Stahlbeton bestehen, zu einem Rahmengerüst verbunden. Die Stahlbetonstützen können unterschiedliche Querschnitte aufweisen und entweder versteckt (verkleidet) oder sichtbar belassen werden. Die Wände sind nichttragend in das Rahmengerüst eingespannt. Sie nehmen lediglich ihre Eigenlasten und geringe horizontale Lasten auf (Wind), schließen den Raum ab, dichten ab und dämmen. In der Regel werden sie mit Leichtziegeln ausgemauert, die die Anforderungen an Mauerziegel für tragende Wände nicht erfüllen. Trotzdem können sie die Eigenschaften des gesamten Rahmengerüstes beeinflussen, daher muss man sich gut überlegen, wie und womit man die Mauer ausmauert.
3.4 Holzbauweise
Holzbau wird in den letzten Jahren immer beliebter, da Holz ein ökologisches Material ist und Holzhäuser atmen können. Moderne Holzhäuser werden entweder als Holzriegelhäuser (Skelettbauweise) oder als Massivholzhäuser (Massivbauweise) gebaut. Holzriegelhäuser werden mithilfe von Holzrahmen (Skeletten) gebaut, die mit verschiedenen Werkstoffen beplankt werden. Die Zwischenräume werden mit Dämmstoff aufgefüllt. Im Gegensatz dazu werden Massivholzhäuser aus großformatigen Holzbauelementen (Holzmassivbau-Scheiben bzw. Vollholzscheiben) gebaut. Diese flächigen Vollholzscheiben werden werkseitig vorgefertigt und auf der Baustelle in modularer Bauweise zusammengesetzt. Sie bestehen meist aus Brettschicht- oder Brettsperrholz und sind fugenlos.
3.5 Stahlbauweise
Stahlbauten werden immer in Skelettbauweise errichtet, massive Stahlwände existieren nicht. Dies wäre aufgrund des extrem hohen Gewichts von Stahl nicht sinnvoll, denn so ein Gebäude wäre so schwer, dass es nicht einmal sein Eigengewicht tragen könnte. Überdies würde ein Bauwerk mit massiven Stahlwänden ein außerordentlich starkes Fundament benötigen und würde aufgrund der Menge des verbrauchten Materials viel zu teuer sein. Stahl kann auch nur in einer gesicherten und kontrollierten Umgebung gegossen werden, beispielsweise in einer Fabrik, da sonst das Unfallrisiko viel zu groß wäre. Aus diesen Gründen werden Stahlkonstruktionen aus vorgefertigten Elementen wie Stützen, Balken, Stürzen und Verbindungsgliedern zusammengesetzt.
Es gibt viele verschiedene Arten von Stahlprofilen. Welche davon verwendet wird, hängt von der Art des Bauteils (Stütze oder Balken), von der statischen Berechnung, dem Verwendungszweck und den Wünschen des Architekten ab (z. B. ob die Stahlelemente sichtbar bleiben sollen). Das letzte Wort zu Arten und Abmessungen der Profile hat der Tragwerksplaner.
4. Starke Konstruktion - auf die Verbindung der tragenden Wände kommt es an
Aus statischer Sicht ist es äußerst wichtig, dass die Wände im Grundriss richtig angeordnet sind und vom Fundament bis zur Spitze des Gebäudes durchgehend verlaufen. Wenn sie nicht durchgehend verlaufen, müssen zur Überbrückung der Kragarmfelder Balken und Stützen eingesetzt werden. Diese müssen noch während des Gebäudebaus aufgestellt und während des gesamten Lebenszyklus des Bauwerks beibehalten werden. Dies stellt ein Problem bei Gebäuderenovierungen dar, gleichzeitig bedeutet jede neue Öffnung in der tragenden Wand eine Verschlechterung bzw. Verringerung der Tragfähigkeit der gesamten Konstruktion.
5. Horizontale Bauteile
5.1 Stahlbetonplatten
Stahlbetonplatten bestehen aus Beton und einer Stahlbewehrung (Bewehrungsmatten und einzelne Stahlstäbe). Die Bewehrung wird in den unteren Teil der Stahlbetonplatte eingelegt und nimmt dort Zugspannungen auf, während der obere Teil der Platte Drucklasten aufnimmt. Mit Stahlbetonplatten werden Geschossdecken, auskragende Bauteile (z. B. Balkone) sowie Podeste und der Treppenhauskern hergestellt. Die minimale Plattenstärke von Stahlbetonplatten liegt bei 10 cm und hängt von der Gebäudegröße sowie den Lasten ab, die darauf einwirken werden. In Einfamilienhäusern sind Stahlbetonplatten üblicherweise 20 cm stark.
5.2 Stahlbetonrippendecke
Stahlbetondecken aus Beton und Bewehrungsstahl sind sehr robust und schwer, haben dafür aber eine hohe Tragfähigkeit und Dichte (gute Schalldämmung). Um das Gewicht von Geschossdecken zu reduzieren, wurden Rippendecken aus Stahlbeton entwickelt. Sie bestehen aus quersteif untereinander verbundenen T-Balken und Zwischenbauteilen wie Ziegeln oder anderen Füllkörpern.
5.3 Traditionelle Holzdecke
Holzdecken waren bis in die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts bei Einfamilienhäusern Standard, danach baute man die meisten Geschossdecken aus Stahlbeton. Holzdecken können als Massivholzdecken oder Holzbalkendecken errichtet werden. Holzbalkendecken bestehen aus tragenden Balken, die sich von Wand zu Wand quer über den Raum spannen. Von oben wird die Konstruktion mit einer Schalung aus Brettern oder anderen Holzwerkstoffen abgedeckt, darauf kommt der Fußbodenbelag. Massivholzdecken oder Brettstapeldecken werden meistens werkseitig gefertigt und anschließend zur Baustelle geliefert und einsetzt. Sie bestehen aus hochkant stehenden Brettern, die miteinander vernagelt oder verdübelt werden.
5.4 Gewölbe
Gewölbe können durch ihre Krümmung Lasten senkrecht zur Bauteiloberfläche ableiten. Sie sind vor allem in älteren Backsteinbauten zu finden und können verschiedene Formen haben. Gewölbe sind aus Ziegel- oder Natursteinmauerwerk gebaut. An den tragenden Wänden sind sie mit Mauerwerksankern befestigt. Einst wurden Gewölbe in Kombination mit Stahlelementen gebaut.
5.5 Trägerkonstruktion
Träger sind lineare horizontale Konstruktionselemente aus Stahlbeton, Stahl, Holz oder anderen Materialien. Sie dienen zur Überbrückung größerer Spannweiten und verteilen die obere Vertikallast auf Wände und Stützen, von denen sie getragen werden.
5.6 Bogen
Gemauerte Bögen sind charakteristisch für ältere Gebäude, in denen sie die Funktion von Stützen übernehmen. Einige Mauerbögen enthalten eine Verstärkung, die normalerweise aus Eisen besteht und sich am unteren Rand des Bogens befindet. Sie kann im Querschnitt rund oder flach sein und wird auf der gegenüberliegenden Fläche der tragenden Wand verankert.
5.7 Sturz (Überlager)
Stürze oder Überlager sind kürzere Trägerelemente zur Aufnahme und Ableitung der Lasten über Fenster- oder Türöffnungen in den Wänden. In älteren Gebäuden bestehen die Fenster- und Türstürze aus Holz oder Stahl, sie können aber auch als gemauerte Bögen ausgeführt sein. In Bauwerken neueren Datums sind die Stürze in der Regel aus Stahlbeton hergestellt.
6. Dachstuhl
Der Dachstuhl ist die tragende Dachkonstruktion und besteht zumeist aus Holz, manchmal auch aus Stahlbeton oder Stahl. Er muss gut im Mauerwerk verankert sein und sich selbst sowie Dacheindeckung und Dämmung tragen können. Beim Steildach gibt es mehrere Dachstuhlarten, am gängigsten sind Sparrendachstuhl, Pfettendachstuhl und Kehlbalkendachstuhl.