Titelfoto: Ruumfabrigg + MMXVI
Gemäß dem Entwurf aus dem Plangutachten sollte das Hotelgelände mit einem neuen Fußweg zugänglich gemacht werden. Entlang dieses Pfades sollen zehn markante Suiten errichtet werden, die mit ihren außergewöhnlichen Innenräumen jeweils ein einzigartiges räumliches Erlebnis bieten. Mit dem Ziel, eine unvergleichliche räumliche Opulenz zu schaffen, entstand eine Architektur, die nicht nur durch ihre Ausstattung und die Ausblicke besticht, sondern selbst als Highlight und Attraktion wahrgenommen wird. Von den insgesamt zehn geplanten Suiten wurde eine als Prototyp ausgewählt und bereits 2023 realisiert.
Eine außergewöhnliche Hotelsuite im Einklang mit der Natur
Das Leben in der experimentellen Suite entfaltet sich auf einer Ebene und steht in direkter Verbindung mit der umgebenden parkähnlichen Landschaft. Wohn- und Schlafbereich sind an den beiden Enden des Gebäudes angeordnet, wodurch eine klare räumliche Trennung geschaffen wird. Das kreisförmig gestaltete Wohnzimmer geht nahtlos in die Terrasse über, wodurch die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum verwischen. Die geschwungene Terrasse bietet nicht nur einen geschützten Ort zum Verweilen im Freien, sondern sorgt zugleich für Sichtschutz. Das Schlafzimmer zeichnet sich durch eine großzügige Öffnung zur Natur aus: Vom Bett aus eröffnet sich ein beeindruckender Ausblick auf die baumbestandene Wiese, der zum Verweilen und Träumen einlädt. Mit einer Wohnfläche von 63 m² ist die Suite großzügig dimensioniert und wurde nach den Vorgaben des R-Standards für barrierefreies Bauen konzipiert, um Komfort und Zugänglichkeit für alle Gäste zu gewährleisten.
Materialkonzept: Nachhaltigkeit und regionale Verbundenheit
Bereits in der Wettbewerbsausschreibung wurde der Einsatz nachhaltiger und regionaler Materialien explizit gefordert. Die Vorgabe lautete: „... als Materialien ausschließlich Holz, Glas und Naturstein.“ Diese radikale Vorgabe bildet die Grundlage des Materialkonzepts und wird überall dort umgesetzt, wo es bautechnisch möglich ist.
Die Wände und Decken bestehen aus Vollholzplatten aus Fichte (H.R.W. Vollholzwandsystem), deren unverkleidete, hochwertige Sichtoberfläche das Erscheinungsbild der Innenräume prägt. Für die Böden wurde massives Eichenholz verwendet: 25 mm starke Dielen in fallenden Längen schaffen einen langlebigen und ästhetischen Fußboden. Die Decken, Böden und Wände bilden zusammen ein harmonisches Raumgefüge. Ergänzt wird dieses durch Fenster, Türen und maßgefertigte Einbaumöbel aus dunkel geölter Eiche. Alle von den Gästen häufig berührten und benutzten Elemente bestehen somit aus robustem Hartholz, das nicht nur beständig ist, sondern auch eine angenehme Haptik aufweist. Heizplatten und Elektroinstallationen wurden bewusst als kleine Wandskulpturen gestaltet, um funktionale Elemente gestalterisch in das Raumkonzept zu integrieren.
Das Badezimmer ist mit großflächigen Platten aus grauem Jurakalkstein ausgestattet. Dieses Material schützt das darunterliegende Konstruktionsholz zuverlässig vor Feuchtigkeit und verleiht dem Raum eine elegante Note.
Äußeres Erscheinungsbild
Von außen werden die Gebäude durch eine dreilagige Verkleidung aus Lärchenschindeln optisch geprägt. Diese kleinformatigen Schindeln erlauben eine präzise Anpassung der Verkleidung an die geschwungene Architektur der Suiten und verstärken den volumetrischen Eindruck. Wo es nötig ist, werden die Schindeln durch Abschlüsse aus Kupferblech ergänzt, die Funktionalität und Langlebigkeit vereinen.
Erdberührende Bauteile wie Treppenaufgänge wurden aus robustem Granit gefertigt, um den Kontakt mit dem Untergrund dauerhaft zu bewältigen. Vorhänge und Holzrollläden sorgen für Privatsphäre und bieten Schutz vor Sonneneinstrahlung und unerwünschten Einblicken. Dieses ganzheitliche Materialkonzept vereint regionale Verbundenheit, Nachhaltigkeit und hochwertige Handwerkskunst zu einer harmonischen Einheit.
Von außen präsentieren sich die Gebäude, wie hier am Prototyp sichtbar, im dreilagigen Schindelkleid. (Foto: Ruumfabrigg + MMXVI)
Konstruktion und innovative Details
Die tragende Struktur der Suite besteht vollständig aus Vollholz. Für Wände und Bodenplatte wurden 30 cm dicke H.R.W.-Platten verwendet, die mit einem U-Wert von 0,25 W/m²K eine ausgezeichnete Wärmedämmung bieten. Das Dach besteht aus einer durchgehenden Brettstapeldecke mit einer Stärke von 18 cm Stärke und einer zusätzlichen Dämmung aus Holzfaserplatten.
Das H.R.W.-Vollholzwandsystem überzeugt durch seine monolithische Bauweise mit eingefrästen Luftkammern, die gleichzeitig dämmen und eine unkomplizierte Umsetzung der komplexen Gebäudekonturen ermöglichen. Speziell in den Rundungen sind die Wandsegmente passgenau auf Gehrung zugeschnitten. Die Hinterlüftungslattung wird durch horizontale, gelochte Knaggen ergänzt, um eine optimale Belüftung zu gewährleisten.
Minimal-invasive Gründung
Das Fundament des Prototyps basiert auf einem Stahlträgergeflecht, das auf den Köpfen von Schraubfundamenten ruht. Diese Lösung reduziert den Bodeneingriff auf das Notwendigste und lässt den Bereich unter der Suite für die Versickerung von Regen- und Hangwasser frei.
Die aus Lärchenschindeln bestehende äußere Verkleidung der Vollholzwände verdeckt den Stahlträger etwa zur Hälfte und bietet einen wirksamen Witterungsschutz. Die Konstruktion kommt nahezu ohne Folien und dergleichen aus; lediglich an den Stößen der Vollholzelemente wurden punktuell örtliche Abklebungen angebracht. Dieser sehr einfache Wandaufbau wurde auf dem B&O Bau FoschungsQuartier erstmals bei den Forschungshäusern „Einfach Bauen“ unter Federführung des Architekturbüros Nagler getestet und hat sich bewährt.
Dach mit nachhaltigen Details
Ein dünnes Abdeckblech bildet den Attikaabschluss und erfüllt den architektonischen Anspruch. Das Dach selbst ist mit etwa 15 cm Substrat bedeckt und mit einer Mischung aus Sedumsprossen und Gräsern besäht, wodurch die natürliche Wiesenlandschaft des Geländes harmonisch auf dem Gebäude fortgeführt wird.
Holzverbindungen für nachhaltige Bauweise
Auch bei den Verbindungen der Platten wurde der nachhaltige Ansatz konsequent verfolgt. Wo möglich, kamen Formstücke aus Holz (X-Fix C) zum Einsatz. Wo die Platten mit Gehrung aneinanderstoßen sind die selbstspannenden Verbinder von Hand dem Verlauf der Wand angepasst. Dieses durchdachte Baukonzept vereint ökologische Verantwortung, innovative Detaillösungen und ein hohes Maß an Handwerkskunst zu einem zukunftsweisenden Beispiel nachhaltiger Holzarchitektur.
Elektroinstallationen: Funktion trifft Ästhetik
Die Verteilung der Elektroleitungen erfolgt horizontal in einem Hohlraum unterhalb der Bodendielen. Dieser Hohlraum wurde so bemessen, dass er ausreichend Platz bietet, um auch kreuzende Leitungen unterzubringen.
Im Unterschied zu herkömmlichen Mauerwerksbauten können die vertikalen Leitungen in den massiven Holzwänden nicht unter Putz verlegt werden. Stattdessen verlaufen die Rohre sichtbar an der Wand entlang. Die offen geführten Leitungen tragen zur besonderen Gestaltung der Räume bei: Steckdosen, Schalter und Leuchten setzen durch ihre präzise Anordnung und formschöne Gestaltung visuelle Akzente. Sie verleihen der Holzoberfläche Dynamik und beleben die Raumwirkung. Mit dieser bewussten Integration von Technik und Design werden die funktionalen Elemente zu einem ästhetischen Bestandteil des Gesamtkonzepts.
Heizung und Warmwasser: Minimalistische Effizienz
Die Suite zeichnet sich durch eine äußerst reduzierte Haustechnik aus, die optimal an ihre kompakte Größe und die dezentrale Lage angepasst wurde. Auf einen Warmwasserspeicher oder einen separaten Wärmeerzeuger wurde bewusst verzichtet. Das Warmwasser wird bedarfsgerecht über einen Durchlauferhitzer bereitgestellt. Für die Beheizung der Räume kommen energieeffiziente Infrarot-Heizsysteme zum Einsatz.
Die Heizmatten sind hauchdünn und wurden auf großformatige Natursteinplatten (Format 100 × 140 cm) aufgebracht. Die fungieren als Heizkörper und geben die Wärme gleichmäßig in den Raum ab und tragen so zu einem angenehmen Raumklima bei. Die Zuleitungen wurden genau wie die Elektroinstallationen sichtbar an der Wand verlegt, wodurch sie sich harmonisch in das Gestaltungskonzept einfügen. Im Badezimmer ist die Heizmatte direkt unter dem Natursteinboden integriert. Mit dieser cleveren Lösung wird auf minimalistische Weise maximaler Komfort geschaffen – ohne unnötige Technik oder Komplexität.
Projekt: |
Name des Projekts: Hotelsuite - Erweiterung B&O Parkhotel |
Standort: Bad Aibling, Bayern (B&O Bau ForschungsQuartier) |
Architektur: ARGE Ruumfabrigg & MMXVI Ruumfabrigg Architekten GmbH, Zürich MMXVI GmbH Architekturbüro, Biel/Bienne |
Bauherrschaft: B&O Parkgelände GmbH, Bad Aibling |
Chronologie: Dez. 2020 Plangutachten März 2021 Planungsbeginn März 2022 Entwurfsplanung März 2023 Baubeginn Sept. 2023 Eröffnung |
Fotografie: Ruumfabrigg + MMXVI |
B&O Parkhotel in Bad Aibling |
Tagen. Feiern. Genießen. – Das B&O Parkhotel bietet mit 96 stilvollen Zimmern und Suiten, gehobener saisonaler Küche, sowie 14 modernen Tagungsräumen den perfekten Rahmen für erfolgreiche Meetings, festliche Anlässe und erholsame Auszeiten. |
Über B&O Bau |
Als Generalunternehmer bietet B&O Bau schlüsselfertige Lösungen für Wohnungsbau in ganz Deutschland an. Jährlich entstehen etwa 1.000 neue Wohnungen in Holz- und Holzhybrid-Bauweise. Durch serielle Komplett- und Strangsanierung werden jährlich 4.000 Wohnungen modernisiert und energetisch optimiert. Parkplatzüberbauungen, Holzparkdecks und Dachaufstockungen sorgen zusätzlich für eine kreative und innovative Stadtraumnutzung. B&O Bau bietet durch serielle Bauweise, kombiniert mit digitalisierten Prozessen, innovative Lösungen für den mehrgeschossigen Wohnungsbau. Alles aus einer Hand - Von der Planung und Kalkulation über die serielle Fertigung der Holzwandelemente bis hin zur Montage. Die Fertigung der Holzwand- und Holzfassadenelemente sowie Badmodulen erfolgt in den unternehmenseigenen Produktionsstätten in Frankfurt (Oder) und Prelog, Kroatien. B&O Bau investiert in Forschung, testet neue Bauweisen auf Praxistauglichkeit und erprobt Konzepte, die Bauen mit ökologischem und sozialem Handeln in Einklang bringen. |
Über B&O Bau ForschungsQuartier |
Das B&O Bau ForschungsQuartier Bad Aibling verbindet nachhaltiges Wohnen, Arbeiten und Erholung in einem harmonischen Umfeld. Umgeben von renaturierten Grünflächen, bietet das Quartier moderne Holzbauarchitektur und energieeffiziente Lösungen wie Solarthermie und Restholzheizungen. Bewohnerinnen und Bewohner genießen kurze Wege zwischen Wohnung, Arbeitsplatz sowie Kindergarten und Schule. Während Freizeitangebote, Gemeinschaftsgärten und Spielplätze Raum für Erholung bieten. Mit einer Mischung aus nachhaltiger Bauweise und naturverbundener Umgebung steht das Quartier für ein zukunftsweisendes und ökologisches Lebenskonzept. Eine öffentlich zugängliche Ausstellung im neu errichteten Gebäude von B&O Service widmet sich dem ForschungsQuartier Bad Aibling – vom Umgang mit den Bestandsgebäuden über das städtebauliche Nutzungskonzept bis zur Entwicklung eines „Reallabors“. In der Ausstellung werden Fokusthemen wie Nachhaltigkeit im Hinblick auf Bestandsnutzung und energieeffiziente Sanierung ebenso behandelt wie Strategien und Anwendungsbeispiele der Nachverdichtung im B&O Bau ForschungsQuartier. |
Pläne
Galerie (Fotos: Ruumfabrigg + MMXVI)